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Effektiv üben mit Herz und Hirn

  • Anna Lindenberger
  • 30. Mai 2020
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 23. Apr. 2022

Tipps für ein erfolgreiches und ökonomisches Arbeiten mit der Stimme


Üben verändert das Gehirn Machst du Atem- und Gesangsübungen um deine Technik langfristig zu verbessern, ist es wichtig die Übungen regelmäßig auszuführen. Erst dann kommt es zu einer längerfristigen strukturellen und physiologischen Veränderung im Gehirn beziehungsweise in den Muskeln. Diese Vorgänge werden unter dem Begriff der neuronalen Plastizität zusammengefasst und ermöglichen den Lernprozess. Im Falle des Singens geht es dabei konkret um das Erarbeiten und Festigen von Bewegungsmustern sowie um das Kräftigen spezieller Muskelgruppen.


Auch wenn du nur kurze Zeitfenster fürs Üben einplanst (z.B. 5-10 Min.) wirst du einen rascheren Effekt dadurch erzielen, dass du die Übung(en) täglich oder mehrmals wöchentlich wiederholst als nur einmal in der Woche für einen längeren Zeitraum.


Neben dem regelmäßigen Ausführen der Übungen ist es außerdem essentiell, die Muskulatur dabei über dem Niveau zu fordern, auf dem sie bisher gearbeitet hat ("overload principle": Belastungssteigerung).

Übedauer Für Sänger:innen ist durchschnittlich eine Übezeit zwischen 30 Minuten und 2 Stunden an 5 bis 6 Tagen in der Woche ratsam. Das reicht völlig aus, um die Muskulatur zu trainieren und deren Koordination zu verbessern. Gegen noch längere Übephasen, die man hier und da einbaut, ist natürlich nichts einzuwenden, allerdings sollte es nicht zur Routine werden täglich mehrere Stunden zu trainieren. Das ermüdet und verkrampft die Stimme und schadet ihr nur auf Dauer. Es ist wichtig der Stimme Ruhephasen zu gönnen, damit sich die Muskulatur regenerieren kann. Plane dafür am besten ein bis zwei Tage in der Woche ein.

Intervalltraining Besonders effektiv ist das Üben in Form eines Intervalltrainings. Dabei wird das Singen in kurze Zeitabschnitte unterteilt. Für Anfänger sind 5 bis 10-minütige Übe-Abschnitte empfehlenswert, die über den Tag verteilt mehrmals wiederholt werden, z.B. einmal am Vormittag, einmal am Nachmittag und einmal am Abend. Auf diese Weise werden Ausdauer, sängerische Einstellung und Konzentrationsfähigkeit nachhaltig verbessert.

Grundsätzlich ist es ratsam die Zeitdauer, in der du dich mit dem Singen und deiner Stimme auseinandersetzt an dein Ausbildungsniveau, bzw. den Trainingsgrad deiner Stimme anzupassen: wenn du erst gerade beginnst die Gesangsmuskulatur kontinuierlich aufzubauen, wird deine Stimme rascher ermüden, als bei jemandem dessen Stimme schon geübter ist.

Nachspüren Spür also immer nach wie es deiner Stimme während des Singens gerade geht. Sobald sich das Gefühl einstellt mit der Stimme „gearbeitet“ zu haben, sollte das Training beendet werden. Treten während des Übens Symptome wie Heiserkeit oder Luftigkeit im Stimmklang auf, fühlt sich die Stimme angestrengt oder erschöpft an, dann hast du diesen Punkt überschritten. Versuche das Training das nächste Mal rechtzeitig abzuschließen.

Fokuspokus Fidibus Hast du das Gefühl trotz regelmäßiger Auseinandersetzung mit deiner Stimme keinen Fortschritt zu erkennen? Womöglich liegt es daran, dass du den Schwerpunkt falsch gelegt hast, nicht bewusst übst oder aber die Übungen nicht richtig ausführst. Mach dir nochmals klar was dein konkretes (Stimm)Ziel ist und erstelle gemeinsam mit deiner Gesangslehrerin/ deinem Gesangslehrer einen individuellen Trainingsplan. Idealerweise kannst du die Übungen aufnehmen während sie dir vorgezeigt werden, damit du sie richtig im Kopf behältst und später dazu singen kannst. Solltest du beim alleinigen Ausführen der Übungen Unbehagen empfinden oder treten Unsicherheiten und Unklarheiten auf, empfiehlt es sich das Üben abzubrechen und entstandene Fragen in der nächsten Gesangsstunde abklären zu lassen.

Abwechslung Bringe Variation in deine Trainingseinheiten! Du kannst dich zum Beispiel einmal auf die Technik und einmal auf die Liedarbeit/ Interpretation konzentrieren oder auch darauf die Technik im Lied anzuwenden. So kommt keine Übe-Monotonie auf und es fällt leichter den Fokus beizubehalten.

Du kannst auch bei deiner Songauswahl auf Abwechslung achten, indem du unterschiedliche Stile ausprobierst und Lieder von verschiedenen KünstlerInnen singst. Dadurch lernst du eine Vielzahl an verschiedenen Klangfacetten/ Sounds und Ausdrucksmöglichkeiten kennen, die deine musikalische Sprache bereichern können.

Lied Wähle den Song entsprechend deines gelegten Fokus aus. Möchtest du beispielsweise lernen sanft zu singen, wählst du ein Lied aus bei dem sanft gesungen wird. Durch das spezifische Training passt sich das Muskelgewebe an die gestellte Anforderung an (SAID principle: specific adaptations to imposed demand; Aufgabenspezifität).


Achte bei der Auswahl des Stücks auch auf dessen Schwierigkeitsgrad und wähle ein Lied aus, das dem aktuellen Stand deines technischen Könnens entspricht.


Überforderst du deine Stimme mit einem zu schwierigen Song, führt das meist zu Unzufriedenheit, Niedergeschlagenheit und zur Überanstrengung der Stimme - Faktoren, die sich negativ auf die Motivation und Sangeslust auswirken können.


Wählst du aber stattdessen ein Lied aus, das den momentanen Stand deiner Fähigkeiten berücksichtigt, gewinnst du Sicherheit und die Motivation und Freude beim Singen bleiben erhalten. Sie sind als Basis für weiteres stimmbildnerisches Arbeiten wesentlich.

Ebenso grundlegend ist es die Tonart des ausgewählten Stücks an die persönliche Stimmlage anzupassen, damit die Stimme nicht überlastet wird.

Das Übe-Finale Gut ist es die Trainingseinheiten mit einer angenehmen und gut funktionierenden Übung oder auch mit Entspannungsübungen in der Tiefe abzuschließen, insbesondere nach längerem Singen mit großen Anforderungen an die Stimme. So schließt du die Übe-Sessions mit einem guten und entspannten Singgefühl ab.

Übe-Umgebung Übe in einem Raum, in dem du dich wohl fühlst und in dem du entspannt, frei und ganz ohne Hemmungen singen kannst!

Die mentale Grundhaltung beim stimmlichen Arbeiten

Ehrlichkeit Der Wille zum künstlerischen und stimmlichen Wachstum setzt Ehrlichkeit sich selbst gegenüber und die Fähigkeit zur Selbstkritik voraus. Jede Nachlässigkeit und Ungenauigkeit behindert den Fortschritt und kann dazu führen, dass man sich eine falsche Technik aneignet.

Sei mit dir geduldig! Es gibt Tage, an denen dir die Übung(en) besser gelingt/gelingen als an anderen Tagen. Das ist völlig normal - es geht jedem so der etwas zu lernen beginnt! Dazu kommt noch, dass man manchmal vielleicht müder oder unkonzentrierter ist und die Aufnahmefähigkeit einfach nicht gegeben ist. Lass dich nicht dadurch verunsichern oder entmutigen. Akzeptiere, dass es beim Lernen/ Üben Leistungsschwankungen gibt. Du wirst sehen, mit zunehmender Übung wird die Schwankungsbreite geringer werden. Das führt mich zu meinem nächsten Ratschlag:

Bleib dran! Wahrscheinlich kennt jeder den Moment, in dem man sich fürchterlich darüber ärgert, dass etwas noch nicht oder noch nicht so gut funktioniert - aufzugeben scheint da die einfachste Lösung zu sein. Mach dir in diesen Momenten bewusst, dass viele professionelle SängerInnen auch schon an diesen Punkten waren und dass sie trotzdem drangeblieben sind und nicht aufgegeben haben. Erst dadurch ist eine stete Verbesserung der eigenen Fähigkeiten möglich. Also bleib dran - morgen wird es vielleicht wieder besser gehen!

Und noch ein letzter Tipp:

Sieh die Zeit, die du dir für dich und deine Stimme nimmst als Raum, in dem du deine Stimme erforschst und neu kennenlernst, in der du mit ihr spielst. Das weckt den Forscherinstinkt in dir und das Experimentieren mit der Stimme macht dann richtig Spaß 😉!

Hast du weitere Fragen zum Üben oder zur Ausführung bestimmter Übungen?

Möchtest du einen individuellen Trainingsplan für dich erstellen?

Willst du deine Übungen als Playback zum dazu singen aufnehmen lassen?

Dann schreib mir einfach unter koerperbewusstestimmbildung@gmx.at. Im Rahmen einer Gesangsstunde helfe ich dir gerne weiter. Ich freu mich von dir zu lesen!


Alles Liebe

Anna


© Anna Lindenberger

 

Quellen:


Lohmann-Becker, Hildegund: Handbuch Gesangspädagogik – Stichworte zu Theorie und Praxis. Mainz: Schottverlag, 2008.


Sandage, Mary J., Hoch, Matthew: "Exercise Physiology: Perspective for Vocal Training", in: Journal of Singing (Heft 74/4), 2018, S. 419–425.

 

Über

Anna Lindenberger, MA

Mein Name ist Anna und meine große Leidenschaft ist es deine Stimme mit dir zu erforschen und dir dabei zu helfen dein stimmliches Potenzial auf eine gesunde und nachhaltige Weise zu entfalten.


Kontaktiere mich gerne unter koerperbewusstestimmbildung@gmx.at, wenn du eine unverbindliche Schnupperstunde vereinbaren möchtest.


Ich unterrichte in meinem Unterrichtsraum in Wien oder auch online über Skype/ Zoom.



 

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