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Blubber-Training für die Stimme

  • Anna Lindenberger
  • 7. Apr. 2020
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 23. Apr. 2022

Hast du schon einmal von der Water-Resistance-Therapy gehört? Nein? Dann wird es aber höchste Zeit! 🙂 Die Stimmerzeugung durch einen Schlauch, bzw. eine Röhre hat schon eine mehr als 100-jährige Tradition in der Gesangspädagogik - und das nicht ohne Grund.


Geschichte Schon 1899 wurde das Singen durch ein schlauchförmiges Werkzeug erwähnt. Damals war der „Schlauch“ allerdings eine lange Röhre aus Glas, deren freies Ende vermutlich in die Luft gehalten wurde. In den 60er-Jahren entwickelte der finnische Phonetiker Antti Sovijärvi diese Methode weiter: zur Behandlung von Hypernasalität (= Luft entweicht beim Singen/ Sprechen vermehrt aus der Nase statt aus dem Mund) ließ er seine KlientInnen in eine gläserne Röhre phonieren (= Stimme machen), die ins Wasser getaucht war. Dabei musste das Gaumensegel so stark angehoben werden, dass es den Zugang zum Nasenraum völlig abschloss. Sobald dies gelang wurden Blubberblasen im Wasser erzeugt. Diese Röhre wurde als Resonanzröhre bezeichnet.

Die ursprünglich für Kinder entwickelte Therapieform wurde von Sovijärvi bald auch bei Erwachsenen mit Stimmstörungen angewendet. Aber auch Personen ohne Stimmprobleme wie zum Beispiel Sänger:innen, benutzten die Resonanzröhre, allerdings dann mit dem Ziel die Stimme zu pflegen und zu trainieren.

In den 90er-Jahren optimierte die finnische Logopädin Marketta Sihvo die Sovijärvische Therapieform, indem sie statt der steifen Glasröhre einen flexiblen Silikonschlauch unter dem Namen Lax Vox®-Schlauch einsetzte. Das erleichterte die Handhabung und machte die Übungsausführung angenehmer.

Heute wird die Methode erfolgreich in der Stimmtherapie wie auch im gesangspädagogischen Bereich eingesetzt und dient Sänger:innen, Sprecher:innen und Schauspieler:innen als Training, Warm-up oder Cool Down (nach Belastung der Stimme).

Die Physik hinter der Blubber-Methode Die Ausatemluft bringt die Stimmlippen im Kehlkopf in Schwingung und gelangt im Anschluss durch den Mundraum in den Schlauch, wo der Luftstrom auf die Wasseroberfläche stößt und nicht ungehindert entweichen kann. Der entstehende Luftstau führt entsprechend zu einem steigenden Druck in Schlauch und Vokaltrakt (= hohle Klangräume im Kopf), wodurch das Wasser im Schlauch schließlich verdrängt wird. Das Wasser beginnt zu blubbern. Weil bei der Phonation auch unterhalb der Stimmlippen, in der Lunge, ein Druck aufgebaut wird, kommt es zum Druckausgleich innerhalb der Glottis, der unter anderem zu einem neutralen Stimmlippenschluss führt, aber auch noch viele andere positive Auswirkungen auf den Stimmapparat hat.


Wie wirkt die Blubber-Methode allgemein auf die Stimme? Etwa in den letzten 2 Jahrzehnten gab es, vor allem in Hinsicht auf eine Anwendung in der Stimmtherapie, zunehmend mehr Forschungsarbeiten zur Phonation durch einen Schlauch oder eine Röhre in Kombination mit Wasser. Dabei wurde meistens deren unmittelbare Wirkung auf die Stimme untersucht und zwar sowohl während als auch gleich nach der Anwendung.


Trotz einiger widersprüchlicher Ergebnisse zwischen den Studien kann ein positiver Trend abgelesen werden: beispielsweise wurde die Atmung verbessert sowie der Stimmlippenschluss, die Muskulatur des Halses gelockert und der Vokaltrakt vergrößert. Außerdem konnte beobachtet werden, dass die Stimme tragfähiger wurde und leichter ansprach; auch die Stimmqualität konnte durchs Blubbern verbessert werden.

Für wen ist die Blubber-Methode geeignet? Tatsächlich für jedermann und jederfrau (das trifft prinzipiell für gesunde Stimmen zu. Es kann jedoch Stimmstörungen geben, bei denen die Übung NICHT geeignet ist. Bitte erkundige dich hier bei einer Fachperson, die deine Stimme kennt): Die Blubber-Methode kann sowohl als Warm-Up verwendet werden, als Mittel gegen Heiserkeit, bei Stimmermüdung oder um spielerisch an konkreten stimmtechnischen Themen zu arbeiten.


Eine ganz besonders gute Methode stellt die Übung für Menschen dar, die Probleme mit der Atmung haben, beispielsweise zu kurzatmig sind oder für all jene denen es schwer fällt hohe Töne entspannt zu singen.


Es hilft weiters u.a. dabei „schwere“ Stimmen zu erleichtern und kann außerdem einer gepressten sowie gehauchten Stimmgebung entgegenwirken und den Übergang zwischen Kopf- und Bruststimme erleichtern.

Natürlich gibt es auch andere Übungen und Maßnahmen, mit denen man diese Themen behandeln kann, doch praktisch ist bei der Blubber-Methode, dass man mit nur einem Werkzeug gleich mehrere stimmtechnische Dinge bearbeiten kann und das auf eine sehr spielerische, einfache Art und Weise.


Was braucht man für die Ausführung der Übung? Es wird

· ein Behältnis (Flasche, Glas, Becher) mit 3-5 cm befülltem Wasser und

· ein Silikonschlauch mit 35 cm Länge und einem Innendurchmesser von 9-12 mm benötigt.


Tipp: du kannst statt dem Schlauch auch einen Strohhalm verwenden, um das Blubbern einfach einmal auszuprobieren. Das wird sich etwas anders anfühlen als wenn du einen Schlauch mit einem dickeren Durchmesser nimmst oder einen längeren Schlauch, aber es ist genauso möglich.


Die Basisübung Es gibt eine Grundübung, die unter anderem als Warm-up oder Cool Down fungiert. Es wird angenommen, dass ihre Anwendung zu einer stärkeren Durchblutung der Schleimhäute und folglich zu einer Lockerung und Entspannung aller an der Phonation involvierten Muskeln führt.

Los gehts! Teste deine Stimme kurz an: singe und/ oder spreche ein paar Worte - schau, wie es deiner Stimme gerade geht.


Tauche das Ende des Schlauchs danach unter die Wasseroberfläche (nicht mehr als 1-2 cm).


Halte die Flasche/ das Glas/ den Becher mit einer Hand relativ nahe vor dem Körper auf Brusthöhe. Du kannst die Übung sowohl aufrecht stehend als auch sitzend ausführen. Im zweiten Fall darf sich der Rücken auch an eine Lehne stützen. Der Blick ist geradeaus gerichtet.


Nimm das obere Schlauchende nun in den Mund und lege es zwischen den Zähnen auf der Zungenspitze ab.

Mache anschließend ein /u/ auf einem Ton in den Schlauch, der für dich angenehm ist und sich mühelos anfühlt. Die Wangen dürfen entspannt "mitflattern".

Lass deine Stimme nach einiger Zeit nach oben und wieder nach unten gleiten - ganz nach Lust und Laune.

Führe die Übung zumindest für 3 Minuten am Stück aus.

Wenn du fertig geblubbert hast, teste deine Stimme wieder an und spüre nach, ob und wie sich deine Stimme und das "Stimme machen" im Vergleich zu vorher verändert hat.


Viel Blubber-Spaß wünsch ich dir!



Angebot Bist du neugierig geworden und möchtest mehr erfahren? Dann kannst du bei mir eine Einführung in die Blubber-Methode/ Singen mit dem Strohhalm buchen! Hier erhältst du

· einen geschichtlichen Überblick über das Thema,

· du lernst das zugrunde liegende physikalische Prinzip und dessen Wirkungsweise auf die Stimme nach heutigem Stand der Wissenschaft kennen.

· Im praktischen Teil erfährst du, wie du die Übung einsetzen kannst, um die Stimme zu entspannen und aufzubauen.



Fühlt sich die Ausführung der Übung noch nicht angenehm für dich an?

Möchtest du mit Hilfe der Blubber-Methode gezielt an deiner Höhe arbeiten oder deine Stimme kräftigen?

Klingt deine Stimme gepresst, behaucht, leidest du unter Stimmermüdung und bist du nach dem Sprechen oder Singen manchmal heiser?

Dann schreib mir einfach unter koerperbewusstestimmbildung@gmx.at. Im Rahmen einer Gesangsstunde, bzw. einer Einführung in die Übung, beantworte ich dir gerne deine Fragen. Ich freu mich von dir zu lesen!


Alles Liebe

Anna


© Anna Lindenberger

 

Quellen:


Denizoğlu, Ilter; Sahin, Mustafa; Bayrak, Seda; Nur Uygun, M.: “Efficacy of Doctorvox Voice Therapy Technique for Mutational Falsetto”, in: Journal of Voice - The Official Journal of the National Association of Teachers of Singing, 2018, S. 1-8.


Enflo, Laura; Sundberg, Johan; Romedahl, Camilla; McAllister, Anita: „Effects on Vocal Fold Collision and Phonation Threshold Pressure of Resonance Tube Phonation With Tube End in Water”, in: Journal of Speech, Language and Hearing Research (Heft 56), 2013, S. 1530–1538.


Guzman, Marco; Laukkanen, Anne-Maria; Traser, Louisa; Geneid, Ahmed; Richter, Bernhard; Muñoz, Daniel; Echternach, Matthias: „The Influence of Water Resistance Therapy on Vocal Fold Vibration: a High-speed Digital Imaging Study“, in: Logopedics Phoniatrics Vocology (Heft 42/3), 2017, S. 99-107.


Kruse, Stephanie A.: Die LAX VOX Methode – Übungen zur Pflege, Heilung und Schulung der Stimme, Deutsche Version 2013. Downloadbares Material, gesichtet auf www.laxvox.de


Kruse, Stephanie A.: „Lax Vox im Gesang”, in: Vox Humana (Heft 13.4/12), 2017, S. 36-41.


Sihvo, Marketta; Denizoğlu, Ilter: LAX VOX – VOICE THERAPY TECHNIQUE, oO, oJ. Downloadbares Handout, gesichtet auf www.laxvox.com


Simberg, Susanne; Laine, Anneli: „The Resonance Tube Method in Voice Therapy: Description and Practical Implementations“, in: Logopedics Phoniatrics Vocology (Heft 32), 2007, S. 165-170.


Vampola, Tomáš; Laukkanen, Anne-Maria; Horáček, Jaromír; Švec, Jan G.: “Vocal Tract Changes Caused by Phonation into a Tube: A Case Study Using Computer Tomography and Finite-element Modeling“, in: The Journal of the Acoustical Society of America (Heft 129/ 1), 2011, S. 310-315.



 

Über

Anna Lindenberger, MA

Mein Name ist Anna und meine große Leidenschaft ist es deine Stimme mit dir zu erforschen und dir dabei zu helfen dein stimmliches Potenzial auf eine gesunde und nachhaltige Weise zu entfalten.

Kontaktiere mich gerne unter koerperbewusstestimmbildung@gmx.at, wenn du eine unverbindliche Schnupperstunde vereinbaren möchtest.

Ich unterrichte in meinem Unterrichtsraum in Wien oder auch online über Skype/ Zoom.


 

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